Die MFT-Kamera – mein perfekter Reisebegleiter

Ein wichtiges Thema für Bildagenturen ist die Reisefotografie. Kurz gesagt handelt es sich hierbei um die Produktion von Bildern – u.a. Landschaften, Städte, Wahrzeichen und Points of Interests – an unterschiedlichen Reisezielen. Sie sollen beim Betrachter die Lust zum Reisen wecken, heute oft als „Wanderlust“ bezeichnet. Dieser Bereich ist Schwerpunkt meines fotografischen Schaffens.

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Bali © Kristian Peetz/Westend61

Die Vorbereitungen

Um die Reisefotografie effizient durchzuführen bedarf es ein paar Vorbereitungen, um das beste Ergebnis zu erzielen. Dazu zählt die Recherche der Locations, die man besuchen möchte, aber man sollte im Vorfeld auch Erkundigungen über die Lichtverhältnisse vor Ort einholen. Ein kleiner Tipp in dieser Hinsicht: in den größeren Städten gibt es oft öffentliche Webcams, die man im Internet aufrufen kann. Wenn man nun ein paar Wahrzeichen oder Plätze der jeweiligen Stadt fotografieren möchte, dann lohnt sich immer mal ein Blick auf die Webcams, um festzustellen, ob die Aussicht frei ist oder ob gerade renoviert wird. Es gibt wenig, das ärgerlicher für einen Reisefotografen ist, als anzukommen und festzustellen, dass das Wahrzeichen, das man so gerne ablichten wollte, dummerweise von einem Bauzaun oder Ähnlichem verdeckt ist. Auch ein Blick in den Veranstaltungskalender der Stadt ist empfehlenswert. Und nicht zuletzt sollte man sich vor Reiseantritt mit den Editoren seiner Bildagentur austauschen, um die Produktion abzustimmen. Bei Westend61 ist man da sehr hilfreich.

Der Wander-Plan

Wenn man nun eine Liste der Locations, die man besuchen will, erstellt hat, ist es für die optimale Gestaltung der Reise hilfreich, einen „Wander-Plan“ zu erstellen. Man hat ja nur ein bestimmtes Kontingent an Zeit. Ich persönlich nutze dafür Google-Maps und kennzeichne darin mit Pins die Orte, die ich ablichten möchte. Als nächsten Schritt ermittle ich die beste zeitliche Abfolge dafür. Die Lichtverhältnisse – „wo möchte ich zur Blauen Stunde sein?“ – beziehe ich ebenfalls in die Planung mit ein. Dafür gibt es wirklich gute Apps, wie zum Beispiel https://photoephemeris.com/ , https://www.ozpda.com/applications.php oder https://www.sunsurveyor.com/ , die einem Reisefotografen die Arbeit erleichtern.
Hier zum Beispiel ein „Wander-Plan“ einer Produktion, die ich für Westend61 gemacht habe. Mein Reiseziel war Berlin.

Berlin_Maps

Ein paar der damals entstandenen Bilder kann man hier sehen:

Bildschirmfoto 2016-03-15 um 21.01.41
© Kristian Peetz/Westend61

Die Produktion habe ich inklusive An- und Abreise innerhalb eines Tages durchgeführt und ich war ca. neun Stunden zu Fuß unterwegs. Als Ausrüstung diente mir meine altbewährte DSLR plus diverse Linsen, Accessoires  und Stativ. Gesamtgewicht des Equipments: 8-9 Kilo.

Eines könnt ihr mir glauben… nach dem Tag saß ich platt und mit großen Rückenschmerzen im Zug zurück nach Hamburg. Während der Rückreise fing ich an, darüber nachzudenken, ob es nicht eine Alternative gäbe, mit der ich solche Produktionen durchführen könnte, die aber im wahrsten Sinne des Wortes „leichter“ wäre, ohne dabei an Qualität einzubüßen.

Micro Four Thirds

Bei einem Gespräch mit Gerald Staufer, dem Geschäftsführer von Westend61, erzählte er mir von den Micro-Four-Thirds Kameras (MFT oder M43), ein System, welches sich u.a. gerade dadurch auszeichnet, dass die Kameras und Linsen um ein Vielfaches kleiner und leichter sind als die konventionellen DSLR-Systeme. Obwohl ich anfangs skeptisch war – ich war ja schließlich seit mehr als einem Jahrzehnt sehr zufrieden mit meinen DSLR-Systemen – begann ich mich mit diesem MFT-System auseinanderzusetzen und las viele Reviews und in Blogs darüber.

Am Ende war ich überzeugt und entschied mich für das Olympus System (ähnliche spiegellose Systeme gibt es aber auch von Sony, Fuji, Panasonic u.a.). Ich replizierte mein gesamtes DSLR-System mit der Olympus OMD EM-1 und den dazugehörigen Linsen. Die deutlichsten Unterschiede,  die einem sofort ins Auge fallen, sind die geringere Größe und das Gewicht:

Canon_Olympus_Vergleich

Das Fehlen des Spiegels lässt eine sehr kompakte und leichte Konstruktionsweise zu. Aufgrund des kleineren Sensors sind die Linsen ebenfalls kleiner und leichter als bei einer DSLR.

Als die nächste Foto-Reise anstand, habe ich dann natürlich das MFT-System mitgenommen und auf die Probe gestellt. Ziel diesmal: München.

Munich_Maps

Hier einige Bilder von der Reise. Ein München Panorama mit der Frauenkirche und zwei wichtige Wahrzeichen, das Siegestor und das Rathaus.

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© Kristian Peetz/Westend61
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© Kristian Peetz/Westend61
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© Kristian Peetz/Westend61

Die technische Qualität ist bei den Bildern genauso gut wie bei denen, die von meiner DSLR stammen, ich kann keinen Unterschied feststellen. Die MFT-Systeme sind nun seit mehreren Jahren auf dem Markt und der technische Fortschritt ist sichtbar. Farbtreue, Rauschverhalten und Schärfe sind sehr gut, CAs und sonstige Bildfehler kommen kaum vor. Mit dem EVF (elektronischer Sucher) kann ich bei Bedarf viele real-time Informationen einblenden (Histogramm, Horizont, Schnittmuster, Light Peaking, Schärfeebene, usw.) und eine WYSIWYG-Darstellung („What You See Is What You Get“) einbinden. Das ist bei der klassischen DSLR mit optischem Sucher natürlich nicht möglich und erleichtert immer wieder die Erstellung der Bilder. Darüber hinaus kann man mit dem EVF die Motive auch bei sehr schlechten Lichtverhältnissen noch gut erkennen, was beim optischen Sucher nicht machbar ist.

Revolutionäre Bildstabilisierung

Ein weiteres Merkmal von vielen MFT Kameras ist das eingebaute IBIS System („In Body Image Stabilization“). Dieser Stabilisierungsmechanismus ist eine technische Revolution und erlaubt es dem Fotografen Aufnahmen aus der Hand zu machen, die ohne Stativ mit einer DSLR  nicht möglich wären. Diese Stabilisierung gepaart mit der oben erwähnten Möglichkeit per EVF auch bei schlechten Lichtverhältnissen zu fotografieren, ermöglicht Bilder wie diese …

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Exif: ISO 200, 15 mm, F 2.8, 1.0 Sec. © Kristian Peetz/Westend61
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Exif: ISO 200, 21 mm, F 2.8, 1.0 Sec. © Kristain Peetz/Westend61

… und zwar OHNE Stativ. Meine persönliche Grenze liegt bei ¼ Sekunde mit Normalobjektiv bzw. ½ Sekunde mit Weitwinkelobjektiv aus der Hand und ich schaffe sogar eine Sekunde, wenn ich mich irgendwo abstützen kann.

Eine Eigenschaft von MFT-Kameras ist manchmal interessant: Aufgrund der geringen Größe fallen sie nicht so auf, wie eine größere DSLR. Dies kann bei Aufnahmen von Plätzen, wo viele Menschen unterwegs sind, von Vorteil sein, weil dann nicht zu viele Gesichter direkt in die Kamera starren. Ganz zu schweigen von der damit vermeintlich geringeren zur Schaustellung des Werts seiner Ausrüstung…

Andere technische Gadgets, wie eine WiFi-Verbindung zum Smartphone oder Tablet sind bei den großen DSLRs erhältlich, sind aber bei den MFT Kameras keine Zusatzanschaffungen, sondern gehören von Anfang an zu der Standard-Ausrüstung der Kamera.

Es ist aber auch nicht alles Gold, was glänzt. Die Autofokusgeschwindigkeit ist bei der DSLRs viel höher, was den Einsatz von MFT bei schnell bewegten Motiven erschwert. Darüber hinaus frisst das System sehr viel Energie, so dass das Mitführen eines oder mehrerer Akkus zur Pflicht wird.

Auch die Gesetze der Physik können MFT-Chips (noch) nicht überwinden: die geringe Tiefenschärfe, die man von den DSLR (insbesondere bei Voll-Format) Systemen erwarten kann, ist bis dato nicht möglich. Für Portrait-Fotografen ein wichtiger Grund, weiterhin bei der DSLR zu bleiben.

Fazit

Ich habe nach einem Jahr den Eintritt in die Micro-Four-Thirds-Welt nicht bereut, ganz im Gegenteil, es hat meine Fotografie im wahrsten Sinne des Wortes „leichter“ gemacht. Ich habe nach langen Fototouren keinen schmerzenden Rücken mehr und bin vor Ort viel flexibler geworden. Dies hat übrigens auch Auswirkungen auf die Kreativität… denn ein müder Körper sprudelt nicht gerade vor Ideen!

Werde ich in Zukunft ganz auf die DSLR-Ausrüstung verzichten? Nein. Für Studioarbeiten und bestimmte andere Fotobereiche (Portrait, Sport, Konzepte) hat die DSLR weiterhin noch ein paar Vorteile im Vergleich zu MFT. Aber für Reise-Fotografie wird die MFT-Kamera immer die Kamera meiner Wahl sein. Denn…

… mit leichtem Gepäck reist es sich einfach besser 🙂

Wenn Sie mehr Bilder von Kristian sehen wollen, dann empfehlen wir diese beiden Links:
https://www.latin-point.com
https://www.westend61.de/KristianPeetz

Kristian Peetz

Seine Leidenschaft für Fotografie hat Kristian schon mit zarten 15 Jahren entdeckt. Seit früher Kindheit hatte er die Gelegenheit, an viele Orte dieser Welt zu reisen. Dadurch bekam er die Chance, seinen Blick zu trainieren und offene Augen dafür zu haben, besondere Momente mit seiner Kamera einzufangen. Seiner Meinung nach geht es in der Fotografie vor allem darum, solche Momente zu konservieren und Erinnerungen einzufangen, um später die Emotionen, die man an bestimmten Orten und Plätzen hatte, wieder zum Leben zu erwecken.